Online-Gschichtl Nr. 137

Die Leitha - "Lust" in der Au

Wissen Sie was Lust ist? Ja, das auch, aber „ein Lust“ oder „verlustiert“? Johann Amsis klärt uns im vierten Teil zur Leitha auf.

 

Ein Bericht in der Wiener Zeitung vom 18. Oktober 1848 bringt uns dieser Lust etwas näher: „Holz-Licitation (Versteigerung). Von der k. k. Avitical-Herrschaft Mannersdorf wird hiermit bekannt gemacht, daß an den nachfolgend bestimmten Tagen in den hier bezeichneten Waldrevieren so wie bisher auch heuer der Verkauf der mit harten und weichen Hölzern bewachsenen Waldbeständen am Stamme in einzelnen Abtheilungen (lustweiße) unter den gewöhnlichen Bedingnissen stattfinden wird, und zwar: am 11. und 12 December im Forstrevierhof bei den sieben Linden. Zusammenkunft in der Wüste. Am 13. und 14. Dezember Revier Mannersdorf am Rosenhotter. Zusammenkunft am vorjährigen Holzschlag. Am 15. und 16. Dezember Revier Sommerein am Truxl. Zusammenkunft am vorjährigen Holzschlag, endlich am 18. Dezember auf der Zinswiese. Zusammenkunft nächst der Wasenbrücke. Die Käufer belieben sich daher an obigen Tagen, Früh 9 Uhr an den bezeichneten Plätzen einzufinden. Mannersdorf den 7ten November 1848.“ Auch am 24 Oktober 1858, also 10 Jahre später, gab es wieder so eine Versteigerung: „Holzverkauf am Stamm in Lüßten. Die Verwaltung des k.k. Gutes Scharfenegg zu Mannersdorf am Leithaberge macht bekannt, daß in den gutsherrlichen Waldteilen des Hofer, Mannersdorfer und Sommereiner Reviers, dann in den Leitha-Auen und im Fasangarten verschiedene Holzgattungen lußtweise am Stamme mit beiläufiger Schätzung von 1103 Klafter harten, 1038 Klafter weichen Scheitern und Prügeln, dann 92000 Stück Bürteln an den Meistbieter verkauft werden. Kauflustige belieben sich am 16. November 1858 bei der Wasenbrücke. am 17. November 1858 bei der Götzendorfer-Brücke wegen den Auhölzern, am 22. und 23. November 1858 in dem Hofer Reviere im Holzschlage am Spitzberge, am 26. und 27. November 1858 im Mannersdorfer Revier im Holzschlagen Rattenbachberg, Und endlich um 29. und 30. November 1858 im Sommereiner Revier im Holzschlage Augustinerberg, jederzeit um 9 Uhr vormittags einzufinden. Die Bedingungen werden an obigen Tagen vor Beginn der Licitation jederzeit kundgemacht. K. K. Gutsverwaltung Mannersdorf den 20. Oktober 1858.“ Ein „Lust“ war also die alte Bezeichnung für einen Anteil an Holz oder auch an Äckern.

Unsere Au war lange Brennholzlieferant, diese Tradition hat sich auch in meinen Kindertagen noch gehalten. Die Au wurde etwa alle zehn Jahre, wenn die Bäume nachgewachsen waren, „verlustiert“, was so viel hieß, wie in gewisse Abschnitte eingeteilt. Der, der den Zuschlag für den Lust bekam, durfte dann das Holz, bis auf wenige „Saumbam“ (Samenbäume) entnehmen. Diese Schlägerungen wurden im Winter durchgeführt, wo die Natur nicht im Saft stand und alles gefroren war. Eine Motorsäge kannte man damals noch nicht, für die dicken Bäume wurde eine „Zuchsoch“ (Zugsäge) verwendet, wo zwei Leute fest hin und her zu ziehen mussten, um den Baum zu fällen. Mit der Handsäge wurden die etwas kleineren Bäume geschnitten, und mit der Hacke "ohgastlt". Das Beisch wurde auf die Seite geräumt, um vorher das wertvollere dickere Holz "aufzumetern". Man musste die Stämme in Meterstücke schneiden und damit einen Holzstoß aufschlichten, damit am Ende der Forstverwalter die Raummeter Holz nachmessen und für die Bezahlung ausrechnen konnte. Da es ja damals im Winter recht kalt war, gab es als Proviant zum Holzarbeiten Tee mit einem kleinen Schuss Rum. Und wenn es besonders kalt war, gab es Rum mit einem kleinen Schuss Tee. Manchmal wurde auf dem eisigen Boden ein Lagerfeuer entfacht, dann wurden Erdäpfel direkt in die Glut gelegt und gleich mit der schwarzen "gramladn" Schale verzehrt.

Wer die alten Weiden (Föwabam) noch gekannt hat, wird sich erinnern, dass aus so einem Wurzelstock oft vier oder fünf Stämme rausgewachsen sind. Bei so einem Lust wurden dann die Bäume abgeschnitten und der Wurzelstock blieb stehen. In diesen Stöcken entstanden dann große Löcher, wo sich die sogenannte "Föwaeardn" (Weidenerde) sammelte, die die Wasenbrucker Schrebergärtner mit ihren Austria-Emailkübeln holten, um sie im Gemüse- oder Blumenbeet zu verwenden. Den kleinen Kindern wurde oft erzählt, dass in diesen Stöcken die Zwerge oder der böse Wolf wohnen.

Nach mehrwöchiger Arbeit, das Stangenholz war entästet und aufgeschlichtet, die dicken Stämme waren mit Eisenkeilen auseinander gekloben und aufgemetert worden, kam der Tag wo die Holzstöße nachgemessen wurden. Dazu kam Herr Hackl mit seinem Ferguson samt Anhänger aus Mannersdorf, um uns das Holz nach Hause zu führen. In manchen Jahren, machte diese Fuhren auch Werner Poil mit seinem großen grünen Steyr-Traktor. Diese Fahrten fielen meistens schon in die etwas wärmere Jahreszeit, über Stock und Stein ging es aus der Au heraus. Zuhause wurde das Holz dann mit dem Kippanhänger beim Tor abgeladen. Als es noch keine kippbaren Anhänger gab, musste man freilich noch mit der Hand abladen. Das Meterholz wurde dann noch mühsam mit Eisenkeilen weiter aufgespalten und zum Trocknen auf einen Kreuzstoß aufgeschlichtet.

 

 

Fortsetzung folgt …


Foto 1: Am Rand der Leithaau in den 1960er-Jahren (Archiv Johann Amsis)

Foto 2: Baumschoppen auf der Heimwiese in den 1960er-Jahren (Archiv Johann Amsis)

Foto 3: Hohlweg in den 1960er-Jahren (Archiv Johann Amsis)

Foto 4: Holzarbeit im 18. Jh., Freskenausschnitt, Maria-Theresien-Saal, Schloss Mannersdorf (Johann Amelin)