Online-Gschichtl Nr. 10

Wer war Michael Ignaz Mollner?

Der Kirchenberg von Mannersdorf ist ein fester Bestandteil unseres Ortsbildes, die Silhouette mit dem Kirchturm und den hohen Bäumen hat schon im 19. Jahrhundert zu beliebten Postkartenmotiven geführt. Weniger beachtet wird in der Regel, weil sie wohl wie selbstverständlich angesehen wird, die Dreifaltigkeitssäule vor der Kirche. Michael Schiebinger geht heute der Frage nach, wer der „Urheber“ dieses Denkmals war.

 

Die Dreifaltigkeitssäule stellt schon aus künstlerischer Sicht ein interessantes Werk dar, weil sie nicht aus „einem Guss“ entstand. Bereits im Jahr 1713 wurde von einer steinernen Säule mit einer Skulptur der Hlst. Dreifaltigkeit außerhalb der Kirche berichtet. Heribert Schutzbier vermutete in seinem Buch „Marterln und Mythen“ zurecht, dass diese erste Säule im Zusammenhang mit der Pest und den Türkenkriegen entstanden sein könnte. Die Hlst. Dreifaltigkeit wurde im Barock zur Abwehr dieser beiden damaligen Gefahren besonders verehrt.

Wie Heribert Schutzbier weiter berichtet wurde die Säule 1890 durch eine neue ersetzt, die vom Steinmetzmeister und Steinbruchbesitzer Michael Mollner gestiftet und auch selbst gefertigt wurde – daher auch die Bezeichnung „Mollner-Kreuz“. Die alte Barockskulptur der Hlst. Dreifaltigkeit wurde renoviert und übernommen. 1922 war die Skulptur aber dann bereits so verwittert, dass sie Sofia Steiner von Martin Hof sen. neu schaffen ließ. Bildhauer Hof (Vater von Martin und Josef Hof) schuf dabei ein äußert getreues Abbild der alten Skulptur, von der man noch heute denken könnte, dass sie aus dem 18. Jahrhundert stamme.

2016 führte dann das Vorbeifahren eines Traktoranhängers dazu, dass der Sockel verschoben wurde und die Säule umfiel. Sie purzelte in ihre einzelnen Elemente auseinander, ohne weiteren Schaden zu nehmen (Foto) – die Steinteile waren wie Bauklötze ohne große Verzapfung aufgebaut gewesen! Aus persönlichem Dank ließ die Familie des Traktorbesitzers die ohnehin sanierungsbedürftige Säule durch den Steinmetzmeisterbetrieb Opferkuh fachgerecht restaurieren und wiederaufstellen.

Auf dem Sockel der Säule ist die Inschrift „Gespendet / Michael / Mollner / 1890“ zu lesen, das "Missgeschick" von 2016 führte beim Autor dieser Zeilen zur Frage, wer dieser Michael Mollner war? Einige Recherchen in den Kirchenbüchern brachten interessante Details zu Tage. Der Mannersdorfer Steinmetzmeister und Steinbruchbesitzer war zunächst ein echter „Zuagroaster“. Michael Ignaz Mollner kam am 31. Juli 1836 in Wien zur Welt und wurde in der Pfarre Maria Geburt am Rennweg getauft. Er war das Kind des Steinmetzpoliers Karl Mollner und dessen Gattin Philippine, die auf der Landstraße wohnten. Schon früh war Michael daher mit dem Steinmetzhandwerk vertraut, das er dann auch selbst erlernte. Eine zumindest zeitweise Mitarbeit im väterlichen Betrieb ist anzunehmen. Am 11. Februar 1861 vermählte sich Michael Mollner in der Pfarrkirche St. Rochus auf der Landstraße mit Magdalena Hofbauer, Tochter eines Wiener „Ziegeldeckers“. Die beiden hatten einen gemeinsamen Sohn, Alois Julius, der bereits 1858 – also unehelich – geboren worden war. Dem Ehepaar war nur eine kurze gemeinsame Zeit vergönnt, Magdalena starb sehr bald. Michael Mollner ging daher am 20. Mai 1870 eine zweite Ehe mit Wilhelmina Pardoschek aus Payerbach ein.

Michael Mollner kam vermutlich in den Folgejahren mit seiner Familie nach Mannersdorf. Viele Wiener Steinmetze bezogen den hiesigen Stein und hatten so eine enge Verbindung zu unserer Gegend. Mit der Zeit unterhielten die großen Wiener Steinmetzbetriebe, wie jener von Eduard Hauser, auch eigene Steinbrüche am Leithagebirge. So dürfte wohl auch Michael Mollner seinen Weg nach Mannersdorf gefunden haben. Die Stiftung der neuen Dreifaltigkeitssäule 1890 könnte einen persönlichen Hintergrund gehabt haben, war aber jedenfalls auch eine prominent platzierte „Visitenkarte“ des Steinmetzbetriebes. Das Ehepaar Mollner lebte im Haus Mannersdorf Nr. 35, über weitere Kinder aus der zweiten Ehe gibt es in den Kirchenbüchern keinen Hinweis. Sohn Alois Julius aus Mollners erster Ehe war als Steinmetzpolier in Lindabrunn (Bez. Baden) tätig, er hatte 1890 Magdalena Janetzky geehelicht, die Tochter eines Götzendorfer Handschuhmachers (!). Dem Paar wurde 1895 eine Tochter, Aloisia Maria, geboren, die in Mannersdorf getauft wurde, aber noch als Kind verstarb. Über das weitere Wirken der Familie Mollner in Mannersdorf gibt es derzeit keine Hinweise. Am 11. Jänner 1909 verstarb Wilhelmine Mollner in Mannersdorf, ihr Gatte Michael Ignaz folgte ihr am 7. Juni 1909 und wurde ebenfalls hier begraben.

 

Damit endet die Geschichte der Familie Mollner noch nicht, denn auch der Blick auf Michael Ignaz‘ Vorfahren ist interessant. Vater Karl Mollner, 1799 geboren, war der Sohn des Wiener bürgerlichen Steinmetzmeisters Mathias Mollner – das Handwerk war also Familientradition. Mathias war wiederum der Sohn des Peter Mollner und dieser Urgroßvater unseres Michael Ignaz Mollner war ganz und gar kein Unbekannter. Peter Mollner (1732-1801) war Fortifikations- und bürgerlicher Stadtbaumeister in Wien, aber noch mehr, er war ein gefragter und bekannter Architekt des Wiener Spätbarocks. Neben zahlreichen Bürgerhäusern schuf Peter Mollner einige qualitätsvolle Kirchenbauten in Wien und Niederösterreich. 1766 errichtete er die Pfarrkirche von Ladendorf im Weinviertel, 1769-70 war er am Umbau der Gardekirche am Rennweg beteiligt und 1778-81 folgte die Pfarrkirche von Stockerau (Foto) mit dem höchsten Kirchturm Niederösterreichs! Auch der Kernbau der Griechisch-Orthodoxen Kathedrale am Wiener Fleischmarkt stammt von ihm. Peter Mollner hinterließ aber auch in unserer Region einen netten Sakralbau, nämlich die Bründlkirche bei Rauchenwarth (Foto). Hinter unserer unscheinbaren Dreifaltigkeitssäule verbergen sich also mehr Geschichten, als man glauben möchte …


Fotos: Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf, Michael Schiebinger, Z.V.g.