Online-Gschichtl Nr. 27

Der Fasangarten

Schon einmal etwas von einem Fasangarten in Mannersdorf gehört? Michael Schiebinger widmet sich diesmal einem besonderen, längst verschwundenen Garten.

 

Noch heute kann man auf Satellitenaufnahmen gut erkennen, dass die sog. „Rübenkurve“ an der B15 zwischen Mannersdorf und Sandberg einst einen anderen Verlauf nahm. Die dortige Kurve, so weiß es noch die ältere Generation, war ziemlich eng, scharf und berüchtigt. Später erfolgte dann die Verlegung der Straße und ein langgezogener Bogen entstand. Im Bereich der Rübenkurve verschwand aber nicht nur die alte Straße, sondern gut 100 Jahre zuvor der etwas weiter westlich gelegene „Fasangarten“.

Aber der Reihe nach: Im Barock des 17. und 18. Jahrhunderts war es üblich, dass sich der Hochadel Tiergärten angelegte und eigene Tierbestände hielt. Prinz Eugen hatte derartige Menagerien in Schloss Hof und in Schloss Belvedere. 1752 entstand die noch berühmtere Menagerie von Schloss Schönbrunn, die für Kaiser Franz I. Stephan angelegt wurde und aus der der heutige Tiergarten hervorgegangen ist. Eine spezielle Form dieser Tiergärten oder Tiergatter war die Fasanerie, in diesen herrschaftlichen Gehegen wurden wilde oder zahme Fasane, oft zusammen mit Pfauen, gehalten. Einen solchen Garten gab bzw. gibt es hinter der Schönbrunner Gloriette, die „Fasangartengasse“ erinnert daran. Auch in Schützen am Gebirge leisteten sich die Fürsten Esterházy und in Ebergassing die Edlen von Trattner Fasangärten. Ein solcher Garten diente jedenfalls zur Zucht der Tiere, die dann von den Höflingen im Zuge von Jagden erlegt wurden. Das Fasanenfleisch war zudem eine beliebte Zutat für barocke Festmahle, wie sich auch von Gräfin Fuchs in ihren Schlössern abgehalten wurden.

Der Mannersdorfer Fasangarten ist in Giovanni Jacopo Marinonis Karte der Herrschaft von 1751 zwar nicht eingetragen, doch bestand er bereits damals. Maria Karolina Gräfin von Fuchs-Mollard ließ nämlich im Jahr 1744 im besagten Fasangarten eine deutsche „Comédie“ auf einer Freilichtbühne den Gästen durch eine Wiener Schauspieltruppe darbieten.

Der Fasangarten dürfte auch nach der Übernahme der Herrschaft durch Franz Stephan bestanden haben, da der Kaiser nicht nur die Jagd liebte, sondern auch sehr erfahren in der kommerziellen Tierhaltung war, wie nicht nur seine Menagerie in Schönbrunn zeigt. Da das Kaiserpaar nach dem Tod der Gräfin kaum noch in Mannersdorf weilte, könnten die Fasane hier gehalten und dann entsprechend zu den neuen Aufenthaltsorten „versandt“ worden sein. Das Ende der Fasanenhaltung in Mannersdorf ist ungewiss, da die Anlage noch im Biedermeier als „Fasangarten Seiner Majestät des Kaisers“ bezeichnet wurde. Bei Schweickhardt ist der Garten 1837 als ummauertes Rechteck wiedergegeben, in dem mehrere Baumreihen gepflanzt waren und in dem sich ein kleines Häuschen befand. Die Anlage könnte also nach dem Ende der Fasanenzucht noch als Obstgarten oder dergleichen gedient haben. Auch am Franziszeischen Kataster von 1832 ist der Fasangarten als solcher bezeichnet und ebenfalls als baumbestandene Wiesenfläche erkennbar. 1847 wird in einer Reisebeschreibung überdies berichtet, dass man von Götzendorf am Fasangarten vorbei nach Mannersdorf gelangen würde.

 

Noch in der Franzisco-Josephinischen Landesaufnahme von 1873 stößt man gegenüber dem Weißen Kreuz auf den Fasangarten, dessen Bestand sich offenbar noch immer nicht geändert hat. 1881 beginnen dann die Verhandlungen zum Bau der Lokalbahn Schwechat-Mannersdorf. Im Bereich der Rübenkurve durchschnitt die 1884 eröffnete Bahntrasse offensichtlich das Areal des Fasangartens, sodass dieser wohl spätestens mit dem Bahnbau verschwand. Bemerkenswert ist dennoch der Umstand, dass die in der NS-Zeit errichtete Götzendorfer Kaserne 1943 eine eigene Haltestelle erhielt, die den Namen „Fasangarten“ trug. Die Orts- oder Flurbezeichnung muss folglich noch im 20. Jahrhundert geläufig gewesen sein. Die Haltestelle „Fasangarten“ wurde übrigens erst 1977 wieder aufgelöst. Der Fasangarten ist heute verschwunden und doch nicht ganz, denn die derzeitigen Grundstücksgrenzen lassen das von der Bahntrasse durchschnittene Viereck des Areals noch immer gut erkennen.


Foto 1: Zwei barocke Herren auf der Jagd, Detail aus dem Fresko des Maria-Theresien-Saales von Schloss Mannersdorf (Hans Amelin)

Foto 2: Barocke Darstellung von drei Fasanen, Wenceslas Hollar (Wikipedia)

Foto 3: Der Mannersdorfer Fasangarten im Biedermeier, 1837 (Perspektivkarte von Franz X. Schweickhardt)

Foto 4: Der Mannersdorfer Fasangarten um 1872 (Francisco-Josephinische Landesaufnahme, Wikipedia)