Online-Gschichtl Nr. 8

Das Mannersdorfer Jesulein - Teil 2

Das letzte Online-Gschichtl hat sich mit dem Mannersdorfer Jesulein beschäftigt, wie es nach Mannersdorf kam, wie es das Kloster verlassen musste und wo es sich heute befindet. Wie angekündigt folgt heute die jüngere Geschichte des Mannersdorfer Jesuleins …

 

Vor mittlerweile über 20 Jahren, 1999, waren Josef Hof, Hans Amelin und Karl Tschank zu Besuch im Karmeliterkloster in Döbling, wo das Jesulein heute aufbewahrt wird. Sie hatten die einmalige Möglichkeit die Skulptur näher in Augenschein zu nehmen. Das Jesulein wurde von Josef Hof genauestens bis ins letzte Detail vermessen und von Hans Amelin in dutzenden Aufnahmen fotografisch dokumentiert. Es war damals die Idee geboren worden, eine exakte Kopie des Jesuleins anzufertigen, um zumindest diese wieder in Mannersdorf zu haben. Der Mannersdorfer Steinmetzmeister, Bildhauer und Bildschnitzer Josef „Joschi“ Hof (*1932-2019) sollte diese Arbeit ausführen. Er setzte mit seinen zahlreichen Werken die Familientradition fort, nicht nur sein Bruder Martin war künstlerisch tätig, auch Vater Martin Hof hatte in unserer Region einige wichtige Bildhauerarbeiten hinterlassen.

Krankheitsbedingt konnte Josef Hof die Arbeit an der Kopie des Mannersdorfer Jesuleins zunächst nicht angehen, es vergingen 10 Jahre. 2009 ging der Künstler dann an die Umsetzung, auf Grundlage der genauen Vermessung und der Fotos von 1999 wurde von Josef Hof zunächst ein Gipsmodell angefertigt. Von diesem übertrug er dann – in Manier der alten Meister – die Maße auf den Lindenholzblock. So entstand schrittweise die Holzskulptur, daneben fertigte Hof den Sockel und das abnehmbare Kleidchen, denn auch diese Details sollten dem Original entsprechen. Hans Amelin hielt die einzelnen Entstehungsschritte auch weiterhin fotografisch fest.

Josef Hof konnte die Bildschnitzerarbeiten 2010 beenden, im Folgejahr begannen dann die Fassungsarbeiten in traditioneller Technik. Die Skulptur wurde zunächst mit dem sog. Inkarnat versehen, also der Körper fleischfarbig gefasst und das Gesicht fein abschattiert. Der Sockel, das Kleidchen, die Krone und das Szepter mussten vergoldet werden, wobei der rote Polster, auf dem das Jesulein steht, eine schimmernde Lüsterfassung erhielt. Als nettes Detail bekam die Kopie, wie im Original, ein weißes Textilhöschen angezogen. Die Fotodokumentation zeigt dabei in anschaulicher Weise, wie viel Arbeit und Können notwendig waren, aber auch den hohen persönlichen Einsatz von Josef Hof.

Am Martinstag, den 11. November 2011, wurde die vollendete Kopie des Mannersdorfer Jesuleins vom Ehepaar Hof und Karl Tschank zu seinem Original in die Karmeliterkirche nach Döbling gebracht. Begleitet wurde die Skulptur von zahlreichen Mannersdorferinnen und Mannersdorfern, die vor Ort einen gemeinsamen Gottesdienst feierten. Nach altem kirchlichem Brauch wurde dabei eine Authentifizierung vorgenommen, beide Jesuleins, die Kopie und das Original, berührten einander. Zwei Tage später wurde die Kopie des Jesuleins in der Mannersdorfer Pfarrkirche in Empfang genommen. Die „Heimholung“ wurde symbolisch begangen, indem Mitglieder des Wiener Karmelitenkonvents mit den Mannersdorfer Gläubigen in einer Prozession von der ehem. Klosterkirche St. Anna in der Wüste in die Pfarrkirche zogen. Dort wurde die Skulptur in einem feierlichen Gottesdienst als Schenkung von Josef Hof an die Pfarre und die Bevölkerung übergeben. Die Kopie des Mannersdorfer Jesuleins fand auf einer Konsole im Langhaus Aufstellung, von dort blickt es nun wohlwollend und segnend auf seine Besucher herab.


Fotos: Archiv Hans Amelin, Archiv Johann Kroupa