Online-Gschichtl Nr. 94

Der Wasenbrucker Kindermaskenball

Rechtzeitig zum heutigen Faschingssonntag nimmt uns Johann Amsis diesmal auf den Wasenbrucker Kindermaskenball von anno dazumal mit.

 

Am Faschingssonntag fand in den 1960er-Jahren für die Kinder von Wasenbruck immer ein eigener Maskenball statt. Das gemeinsame Faschingsfeiern mit den Kindern hatte im Ort eine lange Tradition. Wie alte Fotos aus der Zwischenkriegszeit zeigen, wurden nach der Errichtung des Kinderheimes bereits erste Faschingsfeste für die Wasenbrucker Kinder veranstaltet – das war damals noch keineswegs selbstverständlich. Auch in Mannersdorf wurden in den 1920er-Jahren bereits Faschingsumzüge organisiert, deren Erlöse für benachteiligte Kinder verwendet wurden. Und in Mannersdorf wohnte sogar der Fasching, bessergesagt die Faschings, das wäre dann aber eine andere Geschichte.

Aber zurück in die 1960er-Jahre, da wurde von den Müttern, Großmüttern und Tanten schon lange vor dem Ball an den Faschingskostümen für die Kleinen gebastelt. Veranstaltet wurde der Ball von den Wasenbrucker Kinderfreunden, deren Obmann damals Hermann Bincik war. Unterstützt wurde er immer von seinen fleißigen Helferlein, Toni Malka, Gretl Fekete, Marianne Tabaka, Rosa Hochwartner, Elfi Ritter und vielen mehr. Wenn der große Tag kam, mussten sich die Kinder in der großen Schule, in manchen Jahren auch im Extrazimmer vom Gasthaus sammeln – von dort begann der Maskeneinzug in den Saal. Dieser hatte ca. 120 Sitzplätze, da blieb keiner leer und viele Gäste ergatterten nur noch Stehplätze. Auch einige Väter waren anwesend, das heißt, sie sind eigentlich schon im Gasthaus abgebogen, um dort ein Bier oder einen Wein zu trinken. Schon beim Hineingehen ins Gasthaus konnte man den Fasching sehen, die Wirtsleute Hansi und Toni Hölzl hatten Narrenschiffchen aufgesetzt. Das Gasthaus selbst war mit Girlanden und Papierschlangen dekoriert.

So sammelten wir Kinder uns, dann hat es geheißen „Zweierreihe“ und ab ging es bis zur Saaltür. Bei der Tür ein Stopp, Herr Bincik schaute zur Musik, um ihnen ein Zeichen zu geben, dass der Einzug beginnen konnte. Der Einzugsmarsch erklang und die Kinder marschierten im Kreis, so dass alle Besucher auch jede Maske sehen konnten. Da gab es Prinzessinnen, Könige, Indianer, Cowboys und vieles mehr zu erspähen, während das Publikum laut im Takt des Einzugsmarsches mitklatschte – anschließend wurde dann getanzt.

Was mir aber immer viel lieber war, war das Schmeißen der Papierschlangen und Flinserl. Die Kinder hatten immer eine Gaudi, diese Papierschlangen mit den Händen auf einen großen Haufen zusammenzuschieben. Damals wurde der Saal mit großen Kanonenöfen beheizt, es wundert mich noch heute, dass bei dem vielen Papier nie ein Feuer ausgebrochen ist. Der Saal war wunderschön geschmückt, von der Bühne bis über der Eingangstür war ein Seil gespannt. Die Girlanden und Krepppapierschlangen wurden dann vom Seil links und rechts weg zur Lamperie gespannt und befestigt, so dass es von unten wie ein Dach aussah. Am Seil waren dazu noch alle paar Meter beleuchtete Lampions aufgehängt. Die Fenster waren wiederum mit einer Holzplatte, die mit Stoff oder Krepppapier überzogen war, abgedeckt und darauf wurden noch papierene Faschingsbilder aufgeklebt. Das war einer der schönsten geschmückten Säle, die ich als Kind je gesehen hatte. Die Musik brachte ein Stück nach dem anderen, es wurde gespielt und getanzt, Spiele wurden organisiert, Papierschlangen geworfen und damit Schlachten gefochten. Plötzlich hörte die Musik auf zu spielen und der Ruf erschallte: „Alle Kinder niedersetzen, es gibt eine Jause!“ Vor der Bühne standen vollgedeckte Tische, für die erste Pause gab es Wurstsemmeln und Sunkist, für die zweite Pause kamen dann noch jede Menge Faschingskrapfen. Als dann alle gefuttert hatten, ging es mit Vollgas weiter. Flinserl, Luftschlangen werfen, tanzen, Sesselspiele und ähnliches. So verging der Nachmittag wie im Fluge, bis es hieß: „Schlussmarsch!“. Die Musik spielte den letzten Marsch und die meisten Leute verließen den Saal, während die Kinderfreunde und die Helfer daran gingen, den Saal zu reinigen. Mit großen, breiten Besen wurde einmal das Gröbste an Papierschlangen und Flinserln zusammengekehrt, das war schon ein Riesenhaufen und eine Freude für die Kinder, da justament reinzuspringen. Als das dann endlich weg war, ging es an die „Lausarbeit“ alle Flinserln aufzukehren.

Zu Hause begann derweil für die Kinder, die ja Hundemüde waren von dem ganzen Herumtoben, eine echte Tortur. Das Bad in der Lavoir, frei nach dem Lied „Kohlschwarze Nägel hat das Kind und auch die Knie sind voller Grind“. Aber nicht nur die Knie, sondern die ganzen Kinder waren schwarz wie die Rauchfangkehrer. Gewaschen wurde so gut es ging, den Rest ist man dann schon im Bett losgeworden.

 

Und nächstes Mal erzähle ich dann vom Lumpenball …


Foto 1: Mannersdorfer Faschingsumzug 1921 (Archiv Karl Trenker)

Foto 2: Fasching in Mannersdorf, ca. 1920 (Archiv Karl Trenker)

Foto 3: Fasching im damals neuen Wasenbrucker Kinderheim, um 1930 (?) (Elfriede Dlask)

Foto 4: Nochmals ein Kinderfasching in der Zwischenkriegszeit (Elfriede Dlask)

Foto 5: Fasching um 1960 (?) (Kurt Tobler)

Foto 6: Selbstgebastelte Faschingskostüme (Kurt Tobler)

Foto 7: Noch mehr Masken aus Wasenbruck (Kurt Tobler)

Foto 8: Wasenbrucker Prinzessinnen: Helga Novak, Karin Bincik und Elfi Fischer (Wasenbrucker Heimatseite)