Online-Gschichtl Nr. 95

Lumpenball und Faschingsverbrennen in Wasenbruck

Zum Faschingsausklang am heutigen Aschermittwoch nimmt uns Johann Amsis mit auf den Wasenbrucker Lumpenball und das Faschingsverbrennen anno dazumal.

 

Der Dienstag war schon früher der eigentliche Höhepunkt des Faschingsgeschehens. Die Leute sind teilweise schon „gschnasmäßig“ maskiert zur Arbeit gegangen, im Konsum hatten die Verkäuferinnen Krepppapierhütchen auf und im Wirtshaus trugen die Kellner papierene Narrenkappen von der Brauerei. Der Arbeitsalltag ging etwas lockerer zu, man nahm selbstgebrannten Nuss- und Weichselschnaps oder ähnliches mit, ein paar Brötchen oder Kuchen, um sich auf den Abend einzustimmen. So sehnte man dem Ende des Arbeitstages entgegen, ein kleines Schlückchen zwischendurch, ein Bissen da, ein „Happerl“ dort.

Um sechs Uhr am Abend war dann die Arbeit aus, schnell nach Hause, eine Kleinigkeit essen, Kostüme vorbereiten bis die Freunde kamen. Die Kostüme wurden ja schon kurz nach den Heiligen-Drei-Königen in mühevoller Weise bei geheimen Treffen angefertigt. Es war ja das Ansinnen der Faschingsnarren, sich so zu verkleiden, dass man bis zum Schluss nicht erkannt wurde. Tatsächlich ist es dann vielen Teilnehmern des Lumpenballs gelungen, lange unerkannt zu bleiben.

Es kamen also am Abend zunächst die Freunde, man maskierte und verkleidete sich. Jene Männer, die die Maskierung gar verweigerten, wurden zur Strafe zum Tischreservieren vorgeschickt. Ab sieben Uhr war Einlass in den Wasenbrucker Theatersaal, wer da nicht da war, um zu reservieren, der hatte schnell das Nachsehen. Man kann sich ja heute gar nicht mehr vorstellen, dass im „kleinen“ Wasenbruck bei einem Saal mit 120 bis 150 Sitzplätzen, ab halb acht Uhr kein Platz mehr zu ergattern war. Die Männer bzw. auch die Großmütter und Großväter, die die Platzreservierung vornahmen, mussten also die Stellung halten, damit der Tisch nicht mehr „verlustig ging“.

Die Musik begann ab acht Uhr zu spielen, schön langsam kamen auch die ersten Masken. Aber nur nicht zu früh und über Umwege, damit keiner Rückschlüsse ziehen konnte, von welcher Wohnung wer kam. So füllte sich der Saal mit den maskierten Gruppen, die untereinander zu tanzen begannen. Einige neugierige „Tischbesetzer“ holten sich vereinzelt Masken aus der Gruppe, um ihnen einige Worte zu entlocken und damit zu erfahren, wer hinter der Maske steckten könnte. Den meisten ist es aber gelungen, auf dieses Spiel nicht hereinzufallen. Die Maskierten konnten sich auch an die besetzten Tische setzen, wenn sie müde waren, es waren ja manchmal sehr schweißtreibende Maskierungen. Selbstverständlich setzten sie sich nicht auf die von den unmaskierten Männern besetzten Plätze, um nur ja keine Rückschlüsse auf ihre Identität zuzulassen. Das große Rätselraten bei den Nichtmaskierten begann: „Des is doch da H…!“ „Nah vü zgroß!“ „Ahhh, de Schuach kenn ih doh!“ Manche wurden tatsächlich „entlarvt“, andere blieben bis zum Schluss unerkannt. So wurde getanzt, was das Zeug hielt.

Um zehn Uhr betrat dann Richard Tatzber die Bühne: „So jetzt woi mah de Maskn erlesn. Demaskierung!“ Es begann ein großes Durcheinander, einige Masken wollten unerkannt entwischen, aber es fanden sich immer welche, die den Masken nachjagten und sie nicht unerkannt entkommen ließen. Meistens haben sie sie erwischt und in den Saal zurückgebracht, alle Masken mussten sich aufstellen, während die Musik ein Stück spielte, marschierten sie im Kreis. Die Musikanten hatten die besten Gruppen und die besten Masken zu bestimmen, dann hieß es „Masken herunter“. Da kam so manche Überraschung zu Tage, die Gaudi war natürlich groß. Viele der Maskierten gingen schnell nach Hause, um sich umzuziehen, damit im leichteren Gewand besser getanzt werden konnte.

Zurück am Lumpenball: Tanzen, Tanzen, Tanzen. Polonäse, La Postella, Twist, Boogie, Rock an Roll und die ganze Palette an aktuellen Liedern. Wie auch beim Arbeiterball, ging die Sause ab, zwischendurch noch an die Schnapsbar um ein Feuerwasser. Schnell verging die Zeit, eine Stunde Mitternachtspause, das wurde dann ein „bisserl zach“. Um ein Uhr fing die Musik wieder zu spielen an, alle waren auf einem Schlag wieder munter. Um zwei Uhr hieß es „Schlussmarsch“, am selben Tag sollte ja noch gearbeitet werden. Aber die Leute riefen „Repede! Dakapo!“, sie gaben keine Ruhe. Um halb vier hat dann die Musik endgültig zusammengepackt. Das hieß aber nicht, dass die Leute nach Hause gegangen sind, sie feierten halt ohne Musik weiter.

An so einem Aschermittwochmorgen kann ich mich noch erinnern, wir Kinder standen um sieben Uhr früh parat, um auf den Schülerautobus zu warten. Es lagen zwanzig Zentimeter Schnee, alles tiefgefroren, auf einmal geht die Wirtshaustüre auf. Diesen Anblick werde ich mein Leben lang nicht vergessen, denn aus der Tür trat Herr Lutz, noch im Kostüm eines Hula-Hula-Mädchens mit einem Baströckchen, aber ohne Schuhe und Socken, die Schminke im Gesicht verschmiert. „Ich muaß gach in Konsum gehen, um an Kas, im Wiatshaus gibt’s nix mehr zum Essn und ih hob so an Hunga“, sagte er und verschwand im Konsum. Nach ein paar Minuten sah man ihn dann mit seinem Käse wieder im Wirtshaus entschwinden.

 

Der Aschermittwoch war der Tag des Faschingsverbrennens. Böse Zungen behaupten, dass so mancher nach dem Lumpenball gar nicht nach Hause gegangen ist, sondern gleich von dort zum Faschingsverbrennen am Abend des Aschermittwochs weitergezogen ist. Dieses Faschingsverbrennen wurde aufgezogen „wie eine richtige Leich“. Ob der „Trauerzug“ vom Totenhäuschen oder woanders gestartet ist, weiß ich leider nicht mehr. Jedenfalls gab es einen verkleideten Pfarrer und die Leichenträger mit jener hölzernen Bahre, die auch bei den richtigen Begräbnissen verwendet wurde. Auf der Bahre lag der Fasching, eine bekleidete Puppe aus Stroh mit einer Faschingslarve. Hinter der Bahre ging die trauernde Witwe, natürlich ein verkleideter Mann – meiner Erinnerung nach war es Herbert Gludowatz (Gludi). Und die Trauergäste gingen in der Verkleidung vom Lumpenball. Die Blasmusik war selbstverständlich auch dabei und so setzte sich der Trauerzug in Bewegung. Die Musik spielte einen Trauermarsch, die Witwe heulte wie eine Sirene. Der Fasching lag auf der Bahre und war mit einer Schnur verbunden. Einer zog an der Schnur, da hat sich der Fasching aufgebäumt. Hinten stand aber einer mit einem Besen und hat dem Fasching eine „am Schädl kaut“, sodass er wieder umgefallen ist. Herzergreifend haben dabei die Witwe und die Trauergäste gejohlt und schluchzt. So ging das Trauerspiel alle paar Meter, bis man bei der Leitha, zwischen dem Haus der Familie Krenn und der Villa, also dem alten Friedhofsweg, ankam. Da war der Fasching schon komplett zerfledert und wirklich „hin“. Man entzündete ein Lagerfeuer und verbrannte den Fasching mit Wehklagen der Witwe und der Trauergäste. Die Blasmusik spielte noch den „Alten Kameraden“, bis nur mehr die Asche vom Fasching übriggeblieben ist. Jetzt war der Fasching vorbei, obwohl … es ging schon noch ins Wirtshaus zum Heringsschmaus!


Foto 1: Faschingsgschnas in Wasenbruck (Günther Heuböck)

Foto 2: Faschingsgschnas in Wasenbruck (Günther Heuböck)

Foto 3: Lumpenball mit Herrn Fekete als Fotograf (Johann Amsis)

Foto 4: Die Faschingskapelle (Johann Amsis)

Foto 5: Geselligkeit beim Ball (Karin Braun)

Foto 6: Feuerwehr der "Stadtgemeinde Wasenbruck" (Wasenbrucker Heimatseite)

Foto 7: Faschingsumzug 1992 (Gerhard Jilek)

Foto 8: Faschingsumzug 1992 (Gerhard Jilek)