Online-Gschichtl Nr. 201

Musikleben in Mannersdorf - Orchester, Bands und andere Formationen

Im heutigen zweiten Teil widmet sich Michael Schiebinger wieder dem Musikleben in Mannersdorf.

 

Neben den klassischen Blasmusikkapellen wurden im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts in Mannersdorf verschiedene andere Musikformationen gegründet und auch wieder aufgelöst. Vielfach waren die Musiker:innen auch hier vereinsmäßig organisiert und traten in der Öffentlichkeit bei verschiedenen Anlässen auf.

In der Zwischenkriegszeit bestand in Mannersdorf etwa ein „Arbeiter-Mandolinen- und Zitherverein“, in dem vor allem Jugendliche bzw. junge Erwachsene spielten. Diese Vorfeldorganisation der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs (SDAP) trat auch gemeinsam mit dem Kinderchorester der Mannersdorfer Kinderfreunde auf. Zu den Mitgliedern des Vereins gehörten u.a. Florian Klementschitz, Leopold Arthaber, Gustav Berthold, Josef Kuso, Fritz Schiebinger, Emil Behvka, Karl Czenar, Hildegard Spalovsky, Elisabeth Minarovitsch, Michael Ivanschitz, Andreas Kaindlbauer, Josef Hovchfilzer, Johann Kuso, Jenni Swoboda, Steffi Martschitz, Maria Nemecek, Leopoldine Kögl, Karl Ivanschitz, Josef Sollak und die Dingl-Zwillinge. Toni Magerl war der Obmann des Vereins, während Florian Klementschitz als Dirigent fungierte. 1929 verfügte der Verein neben der Musiksektion, über eine Theater- und eine Gesangssektion. Zudem hatte sich innerhalb des Vereins eine eigene Schuhplattlergruppe (!) gebildet, die ihr Tanzkränzchen im Kopper-Saal abhielt. Der Verein dürfte 1934 in der Ständestaatdiktatur als SDAP-Organisation verboten worden sein.

Eine überwiegend aus Musikerinnen bestehende Formation der Zwischenkriegszeit waren „D’Waldbleamal“, die ob ihrer Jugend tatsächlich noch in der Blüte ihres Lebens standen. Die jungen Damen, die Zither spielten, wurden von drei Herren mit Geige und Gitarre begleitet.

Eine Fotoaufnahme aus dem Jahr 1923 zeigt eine Männermusikergruppe, die fast ausschließlich Streichinstrumente spielte und der auch Bürgermeister Josef Haidn angehörte. Zu diesem Ensemble ließ sich leider nichts Näheres eruieren.

Ein erstes Jazzorchester bestand offenbar bereits in der Zwischenkriegszeit, neben zahlreichen Streichinstrumenten kamen dort auch eine Trompete, eine Tuba, zwei Saxophone und eine Ziehharmonika zum Einsatz. Zu den Mitgliedern des Orchesters zählten u.a. die Dingl-Zwillinge, Josef Juso, Emil Behavka, Franz Hrdlitschka, Ludwig König, Florian Klementschitz, Gustav Berthold, Karl Kögl, Andreas Kaindlbauer, Thomas Bartek und Josef Klementschitz.

In der Nachkriegszeit kam nunmehr das Salonorchester zusammen und probte einmal wöchentlich im Gasthaus Lukowitsch (Windisch). In den 1950 Jahren fungierte Karl Schiebinger als Dirigent des Orchesters.

Für Nachwuchs sorgte auch Geigenlehrer Johann Eichhorn (1893-1966), der im bürgerlichen Beruf Gendarm war, aus Westböhmen stammte und 1920 nach Mannersdorf geheiratet hatte. In seinem Haus in der Sommereinerstraße erteilte er privaten Musikunterricht. Gemeinsam mit seinen Geigenschülern wurde alsbald eine kleine Musikergruppe gebildet, die auch öffentliche Auftritte absolvierte. Zur Gruppe gehörten Alois Karl (Leitung), Marianne Adamcak (Klavier), Fritz Martschitz (Kontrabass), Karl Pfitzner (Geige), Heinrich Minarovits (Geige), Franz Wolf (Geige), Edith Horvarth (Geige) und Hans Amelin (Akkordeon).

Eine bis heute bekannte Musikerpersönlichkeit der Nachkriegsjahre war Josef Benke und seine Big-Band. Benke wurde 1926 in Pottendorf geboren. Er erhielt seine frühe musikalische Ausbildung bei Prof. Gustav Zemann in Pottendorf und bei Prof. Rosa Adler in Mannersdorf. Eine Lehre zum Maschinenschlosser führte ihn in das Mannersdorfer Zementwerk, wo er auch in der Werkskapelle tätig wurde. Ab 1946/47 baute er mit anderen Jazz-Enthusiasten eine Big-Band nach amerikanischem Vorbild auf. Diese trug zunächst den Namen „Tanzkapelle Hawaiband“ („HB“). Einen ihrer ersten großen Auftritte hatte die Formation beim Ball der Bezirkshauptmannschaft 1949 in den Schwechater Dreher-Sälen. Zu den Gründungsmitgliedern der Band zählten neben Josef Benke auch Alfred König, Willi Peterzeller, Karl Schiebinger, Heinz Klimek, Ferry Buchta, Felix Klementschitz, Josef Rusch und Leopold Pfefferer. 1953 erhielt Benke die ausdrückliche behördliche Genehmigung mit zehn Musikern kommerziell auftreten zu dürfen, 1957 wurde diese Genehmigung verlängert. In den 1950er-Jahren sorgte Benkes Jazzkapelle mehrfach für die musikalische Umrahmung der Krampusfeiern und der Arbeiterbälle im Gasthaus Kopper. Zum Jahreswechsel 1956/57 feierte die „Hawaiband“ ihr 10-jähriges Bestandsjubiläum und lud zu einem „Silvesterrummel“ in den Kopper-Saal – der Eintritt kostet damals ganze 10 Schilling. Benke spielte zudem in der Mannersdorfer Ortskapelle und weiterhin in der Werkskapelle. Ab 1958 bemühte sich Josef Benke als Bezirkskapellmeister regionale Strukturen der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Musikkapellen im Bezirk aufzubauen. 1981 musste er sein Engagement aber bremsen, da er mit persönlichen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte und das Amt des Bezirkskapellmeisters an seinen Nachfolger übergab.

Eine weitere Musikergruppe bildete sich in den Nachkriegsjahren mit Hansi Odraschek, Martin Hof jun., Johann Eichhorn, Adolf Reiber, Alois Karl, Andreas Kaindlbauer, Johann Horvarth, Otto Bock, Johann Krischanitz, Friedrich Berthold, Karl Schiebinger, Karl Redl und Willi Klaus.

Neben den öffentlich wirkenden Musikgruppen wurde in zahlreichen Mannersdorfer Familien Hausmusik gepflegt. Bei der Bildhauerfamilie Hof trafen bspw. regelmäßig Musiker zur eigenen Unterhaltung zusammen. Darunter waren zunächst Karl Redl und der Schuldirektor von Parndorf, später waren auch Martin Hof jun., Georg Gottschaml, Elisabeth Weinkum (Palkowitsch) und Otto Bauer dabei.

Die Scotch-Combo wurde von Ferry Buchta (Leitung), Alfred König (Schlagzeug), Ludwig (König (Bass), Walter Hof (Gitarre), Fritz Amelin (Piano und Arrangement), Hans Amelin (Saxophon) und Eric Amelin (Gitarre) gebildet. Geprobt wurde im Mannersdorfer Gewerkschaftsheim, während die Auftritte im ganzen Bezirk und weit darüber hinaus stattfanden. In Bruck selbst gab es fast keinen Ball, keinen Fasching und keine Hochzeit ohne musikalische Beteiligung der Scotch-Band. Für die ORF-Sendung „Ein Bezirk stellt sich vor“ mit Willi Kralik am 8. November 1980 wurde die Formation mit anderen Musikern zur „Scotch-Big-Band“ erweitert. Bei der Aufzeichnung in der Brucker Stadthalle wurden die Titel „Dob’s Boogie“ und „’S Wonderful“ gespielt.

Besonders in den 1990er-Jahren und in den 2000er-Jahren waren die „Mannersdorfer Spatzen“ aktiv. Die Gruppe um Franz Wiener, Fritz Hirmann, Bernhard Schada, Gerhard Kruckenfellner und Norbert Huber fokussierte sich auf Walzer-, Polka-, Marsch- und Jazzmusik. Neben Konzerten im Gasthaus Kopper/Schneider, traten sie beim Mannersdorfer Advent auf und begleiteten auch zahlreiche Begräbnisse.

 

 

Fortsetzung folgt …

Foto 1: Mannersdorfer Arbeiter-Mandolinen- und Zitherverein, um 1920/30 (Archiv Hans Amelin)

Foto 2: D’Waldbleamal, um 1920/30 (Archiv Karl Trenker)

Foto 3: Jazzorchester, um 1920/30 (Archiv Karl Trenker)

Foto 4: Männermusikergruppe mit Bürgermeister Josef Haidn (stehend, 2. Reihe, ganz links), 1923 (Archiv Karl Trenker)

Foto 5: Salonorchester, um 1950 (Archiv Hans Amelin)

Foto 6: Geigenschüler von Johann Eichhorn: Fritz Martschitz, Karl Pfitzner, Franz Wolf und Heinrich Minarovits (Archiv Karl Pfitzner)

Foto 7: Josef Benke mit seiner Band (Archiv Hans Amelin)

Foto 8: Tanzkapelle Hawaiband "HB" (Archiv Hans Amelin)