Online-Gschichtl Nr. 18

Badefreuden anno dazumal

Die Mannersdorfer Badekultur hat seit mehr als 500 Jahren Tradition, wenig bekannt ist dabei die Bedeutung des alten Thermalbades in der Ersten Republik. Ava Pelnöcker und Helga Kusolitsch werfen daher diesmal einen Blick auf die Zwischenkriegszeit – als am 8. Juni 1930 das neue Thermalbad eröffnet wurde, für dessen Gestaltung mit Alfons Hetmanek einer der namhaften Architekten des „Roten Wien“ verantwortlich zeichnete.

 

Bereits unter Kaiser Maximilian, im Jahr 1517 hatte Doctor Johann Enzianer die Nutzungsrechte der Schwefelquelle erworben und das erste Bad in Mannersdorf für die Allgemeinheit gegründet. Fast drei Jahrhunderte lang hielt sich das Gesundheitsbad samt Badkapelle und lockte zahlreiche Adelige wie auch Maria Theresia an den Ort. Allein die drakonischen Schließungen von Kaiser Joseph II, der weder vor Klöstern noch vor Särgen Halt machte, führten 1786 auch zur Auflösung der Badeanstalt, an deren Stelle im heutigen Fabrikshof (Perlmooserhof) die Leonische Drahtzugfabrik Einzug hielt. Die Quelle sprudelte weiter, aber hinter verschlossenen Türen. Umso größer war daher die Freude, als das Mannersdorfer Thermalbad nach 150 Jahren wiedereröffnet wurde und sogleich als eines der „schönsten Bäder der niederösterreichischen Sommerfrischen“ galt.

Diesem Freudentage waren mühsame Verhandlungen um Grund- und Wasserrechte vorangegangen. Quelle und Parkanlage konnte schließlich von der Perlmooser AG bzw. der Fa. Cornides, Kühmeier & Co., als Betreiberin der Drahtzugfabrik erworben werden. Auch die Frage der Gestaltung war nicht unumstritten. „Wir brauchen keinen Architekten“ hatte es vielfach geheißen, Bürgermeister Josef Haidn erkannte jedoch die Notwendigkeit und lud den Architekten Alfons Hetmanek (1890-1962) zum Entwurf ein. Dazu dürfte sowohl dessen Referenzen vor Ort als auch jene im „Roten Wien“ beigetragen haben. In Mannersdorf gingen bereits der neue Pfarrhof (mit Franz Kaym), das neue Rathaus und das Elektrizitätswerk auf seine planerische Kappe. In Wien wo Hetmanek, bei Adolf Loos und Otto Wagner studiert hatte, baute er sowohl Siedlungsanlagen als auch Gemeindebauten, auch mit einem Schwimm-, Luft- und Sonnenbad hatte er in Liesing bereits Erfahrungen gesammelt. Das Mannersdorfer Bad war als „Volksbad“ angelegt und sollte sich sparsam von anderen Gemeinden unterscheiden, die sich durch den Bau von „Luxusbädern“ in Schulden gestürzt hatten. Die entsprechenden baulichen Maßnahmen, umgesetzt von Baumeister Sollak und dem Maurermeister Einramhof, nahmen also Bezug auf das Vorhandene und setzen auf eine einfache doch klare Formensprache. Die umsichtige Auftragsvergabe hatte die Möglichkeit der späteren Erweiterung vorgesehen, sollte sich das Ganze als Erfolg erweisen. Auch bei den Eintrittspreisen blieb man volksnah, sodass die Anlage jedermann und jederfrau zugänglich sein sollte. Der Eintritt mit Kabinenbenützung kostete 1 Schilling, mit Kastl gar nur 50 Groschen. Erfolgreich war bereits die Eröffnung, als am ersten Pfingstwochenende über 1000 BesucherInnen das Bad stürmten. Neben der einheimischen Bevölkerung sollte sich das neue Freibad auch als Attraktion für Sommerfrischler entwickeln. Fremde seien stets willkommen, hieß es bei der durch die Arbeitermusikkapelle umrahmten Eröffnungsrede, in der Presse legte der Bürgermeister sogar Wert auf die Feststellung „daß Mannersdorf keineswegs eine antisemitische Sommerfrische sei“.

Der Gesundheit war das Bad in jedem Fall zuträglich. Atembeschwerden, Herz-, Nieren und Nervenleiden selbst Rheumatismus konnte durch das Thermalwasser gelindert werden. Und auch fürs Auge hatte die Anlage in der Verbindung von Alt und Neu einiges zu bieten. Der alte Baumbestand war erhalten und durch Blumenschmuck ergänzt worden, die kunstvolle Steinumrandung in modernen Formen erweitert und die zeitgemäßen Umkleidebereiche in Holzbauweise zeigten eine funktionalistische Gestaltung, die durch ihre farbenfrohe Bemalung auf die Formensprache des Deutschen Bauhauses verweisen. Der damals führende Kunstkritiker Wiens Arthur Roessler pries Hetmanek und Kaym als Vertreter der „goldenen Mitte“ zwischen Tradition und Moderne, gerade recht für die Neuerweckung der Mannersdorfer Badetradition.


Foto 1: Ursprünglicher Zustand des Bades vor dem Umbau, 1928

Foto 2: Bad nach dem Umbau von 1930, Kabinen im zeittypischen Design

Foto 3: Bad nach dem Umbau von 1930, Blick auf das Becken

Foto 4: Im Freibad, 1942

 

Quellen: Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf, Topothek Mannersdorf am Leithagebirge, Gerd Fitzthum