Online-Gschichtl Nr. 202

Musikleben in Mannersdorf - Chöre und Gesangsvereine

Im dritten und letzten Teil zum Mannersdorfer Musikleben widmet sich Michael Schiebinger diesmal den Chören und Gesangsvereinen.

 

Stand bei vielen Musikformationen die Instrumentalmusik im Vordergrund, so gab es in Mannersdorf stets auch Chöre und Vereine die sich dem Gesang verschrieben. Immer wieder traten diese Gruppen mit den bereits bekannten Mannersdorfer Instrumentalmusiker:innen auf. Bereits zur Jahrhundertwende bestanden in Mannersdorf einige Chorensembles, die von lokalen Gesangsenthusiasten ins Leben gerufen worden waren. Einer von ihnen war Karl Wosika, der 1899 als Volksschullehrer nach Mannersdorf gekommen war und sich vielfach um das Musikleben im Marktflecken annahm. So hatte Wosika 1901 den Männergesangsverein Mannersdorf im bürgerlichen Umfeld gegründet. Als Vereins- und Probenlokal des Männerchores diente das Gasthaus Nemetschek in der Hauptstraße. 1903 zählte der Verein 28 aktive und 19 unterstützende Mitglieder. Später entstand neben dem Männergesangsverein auch ein Gesang- und Orchesterverein. Seit 1908 hatten sich einige Vereine des Bezirks unter dem Dach des „Leitha-Sängergaus“ zusammengeschlossen, bei dem Karl Wosika auch als Funktionär mitwirkte. Die Gesangsvereine ringsum hatten damals eine deutlich konservativ-deutschnationale Ausrichtung, wie zeitgenössische Zeitungsbeiträge offenbaren. Die Mannersdorfer Chöre beteiligten sich nach der Jahrhundertwende jedenfalls rege an Festen und Feierlichkeiten, auch jährliche Liedertafeln wurden abgehalten.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Mannersdorfer Männergesangsverein vom nachmaligen Bürgermeister und Lehrer Franz Zerzawy reaktiviert. In der Zwischenkriegszeit fungierten Karl Vikas, Hans Nemetschek, Hans Wenz und Hans Bergles als Chorleiter beider Vereine, die offenbar eine enge Zusammenarbeit pflegten. 1921 wurde Karl Wosika für seine Verdienste zum Ehrenchormeister ernannt. Damals stand Bierdepotleiter Anton Komendisch als Obmann dem Männergesangsverein vor, während Baumeister Fritz Sollak der Obmann des Gesang- und Orchestervereins war. Im Jahr 1932 konnten die Mannersdorfer Chöre und Gesangsvereine ihr Können bei der großen Haydn-Gedenkfeier unter Beweis stellen. Der Gesang- und Orchesterverein wurde 1938 unter der NS-Herrschaft vom „Stillhaltekommissar für Organisationen, Vereine und Verbände“ im Zuge der ideologischen Gleichschaltung zwangsaufgelöst und das Vereinsvermögen staatlich angeeignet.

Ein Mannersdorfer Kirchenchor bestand bereits während der Monarchie, leider sind aus seiner Frühphase keine schriftlichen Aufzeichnungen überliefert. Seit der Jahrhundertwende wurde der Kirchenchor von Karl Wosika geleitet, der 1899 als Schullehrer in den Marktflecken gekommen war. Viele Akteure des Chores waren gleichzeitig auch beim lokalen Männergesangsverein tätig. 1928 übernahm Schuldirektor Hans Wenz die Leitung des Kirchenchores. Wenz war Jahrgang 1877 und seit 1910 Lehrer und Direktor der Schule in Göttlesbrunn gewesen, wo er bereits eifrig am Musikleben des Ortes mitgewirkt hatte. In Mannersdorf setzte Wenz nun sein musikalisches Engagement fort. Während des Zweiten Weltkrieges übernahm Hermine Skacel die Leitungsfunktion des Kirchenchores. Zu Ostern 1944 hatte der begeisterte Organist Hans Wenz eine Messe in F für einen gemischten Chor und Orgel verfasst, die erst 50 Jahre später zur Uraufführung kam.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Mannersdorfer Kirchenchor wieder reaktiviert und trat zu kirchlichen Ereignissen unter der alternierenden Leitung von Direktor Hans Wenz, Oberlehrer Wilhelm Klaus und Dr.med. Karl Gottschy auf. Nach dem Tod von Hans Wenz im Jahr 1953 leitete Karl Gottschy nun den Kirchenchor alleine und übte die Funktion bis in die 1960er-Jahre aus. Danach übernahm Mag. Karl Hofstötter die Chorleitung bis zum Jahr 1973 – dann löste sich der Chor zwischenzeitlich auf.

Eine Neugründung des Kirchenchores misslang zunächst, erst auf Initiative von Otto Bauer konnte sich der Mannersdorfer Kirchenchor „St. Martin“ im Oktober 1984 neuformieren. Berufsschullehrer Otto Bauer nahm sich nun als Chorleiter der Kirchenmusik an. Ingrid Hof (Desbalmes) übernahm die Funktion der Dirigentin, ab 1990 leitete sie gemeinsam mit Fachoberlehrer Fritz Amelin den Chor. In den 1990er-Jahren gestaltete der Kirchenchor weiterhin die kirchlichen Festgottesdienste, u.a. die Cäcilienmesse und die Christmette, mit. Auch besondere Anlässe wurden von den Sänger:innen musikalisch umrahmt, etwa im Juni 1990 der 50. Geburtstag von Pfarrer Reinhold Schleider oder im Dezember 1992 das Requiem für Dr. Karl Gottschy, dem früheren Kirchenchorleiter. Zum Priesterdonnerstag fuhr der Chor jährlich nach Unterwaltersdorf, während der Auftritt beim Mannersdorfer Advent ein ebensolcher Fixpunkt wurde. Der Chor gestaltete zudem verschiedene Hochzeiten mit, zudem wurde er bei verschiedenen Festen in der Region aktiv. So absolvierten die Sänger:innen jährlich gut 12 Auftritte. Im Jahr 1994 feierte der Kirchenchor sein 10-jähriges Jubiläum der Neugründung, im selben Jahr umrahmten die Sänger:innen auch die 100-Jahr-Feier des Perlmooser Zementwerks Mannersdorf. 1994 wurde überdies die Messe in F von Hans Wenz aus dem Jahr 1944 in der Mannersdorfer Pfarrkirche durch den Kirchenchor uraufgeführt. 1995 sang der Chor zum Abschied Johann Strobls aus dem Bürgermeisteramt. 1996 veranstaltete der Kirchenchor mit den Mannersdorfer Spatzen einen Konzertabend sowie einen Chorabend in der Hofer Pfarrkirche. 1997 trat der Chor zum Abbruchfest des alten Pfarrheimes und -kindergartens auf, aber auch zur Einweihung der neuen Kirchenorgel. 1998 stand die Eröffnung des sanierten Kalkofen BAXA am Chorprogramm, 1999 folgte ein Chorkonzert in der Ehem. Klosterkirche St. Anna in der Wüste.

In den 2000er-Jahren wurden die jährlichen Chorkonzerte im Ehem. Kloster St. Anna fortgeführt, ebenso traf sich der Kirchenchor zu jährlichen Ausflügen. Der Chor wurde nun gemeinsam von Fritz Amelin und Renate Leidenfrost geleitet, als Obmann fungierte Franz Wolf. Im Juli 2000 sangen die Mitglieder zum 60. Geburtstag von Pfarrer Reinhold Schleider, im Dezember umrahmten sie dann die Barbarafeier beim Kalkofen BAXA. 2001 trat der Chor bei der Verabschiedung von Pfarrer Schleider aus Mannersdorf auf sowie bei der Installierung seines Nachfolgers Daniel Biely. Im September 2002 begleiteten die Sänger:innen das Fuchsenbründlfest. Im selben Jahr fand auch die Installation von Pfarrer Marian Garwol statt. 2003 beteiligte sich der Kirchenchor bei dem Jedermann-Aufführungen in Hof mit 30 Akteur:innen. Im September 2004 gestaltete der Kirchenchor die Einweihung des neuen Pfarrhofes mit. Bereits im Juni 2004 konnte der Chor mit seinen damals 43 Mitgliedern sein 20-Jähriges Bestehen seit der Neugründung feiern. 2005 folgte ein Chorkonzert in Ungarn, 2006 nahm der Chor an einem ökumenischen Gottesdienst in der Wiener Minoritenkirche teil.

Unstimmigkeiten zwischen der Pfarrleitung und dem Chor führten 2007 dazu, dass sich die Mitglieder mit Zweidrittelmehrheit für die organisatorische Loslösung von der Pfarre aussprachen. Der nunmehrige „Chor St. Martin Mannersdorf“ ging fortan seinen eigenständigen Weg als Verein. Der Chor St. Martin hielt seine Proben nun in der Volksschule ab. Er bestand 2007 aus 47 Mitgliedern, darunter 33 Frauen und 14 Männern. Im Oktober trat der Chor abermals in der Wiener Minoritenkirche auf, zudem sangen die Mitglieder zum 40. Priesterjubiläum von Altpfarrer Reinhold Schleider im Brucker Marienheim. Der Chor trat auch weiterhin bei den kirchlichen Festen in der Mannersdorfer Pfarrkirche auf, der traditionelle Mannersdorfer Advent fand nun allerdings für zwei Jahre im Jägerhof Schneider statt. 2008 beteiligte sich der Chor auch an den Aufführungen von Johann Nestroys „Lumpacivagabundus“ durch das Theaterforum Hof. 2009 feierte der Chor sein 25-jähriges Bestehen mit einem Konzert in St. Anna in der Wüste.

Mit der Amtseinführung von Pfarrer Florin Farcas 2009 hatte sich das Engagement des Chores in der Pfarre wieder intensiviert, auch Auftritte im Pfarrsaal und bei der Langen Nacht der Kirchen wurden nun absolviert. 2015 umrahmte der Chor St. Martin dann auch die Amtseinführung von P. Albin Scheuch. Die Mitglieder des Chores erweiterten stets ihr Repertoire und so fanden nun auch Gospelmessen statt. 2016 folgte ein Auftritt in der Wiener Peterskirche, wo die Pannonische Messe von Toni Stricker zur Aufführung kam. Der Mannersdorfer Advent war inzwischen wieder in die Pfarrkirche zurückgekehrt, wo der Chor das Programm mit dem Musikverein und der Musikschule bestritt. Am 24. Juni 2018 sang der Chor St. Martin ein letztes Mal. Viele Mitglieder wollten und konnten ihr Engagement aus Altersgründen nicht mehr fortsetzen. Einige Chormitglieder bildeten eine kleinere Formation, die noch ein Jahr aktiv blieb. Der Chor St. Martin stellte sein Wirken aber in der Hoffnung ein, dass eine junge Generation den Chorgesang vielleicht einst forttragen wird.

Im Umfeld der Pfarre Mannersdorf war auf Initiative von Martina Bruckner und Sylvia Schreiber 2013 die Kindersinggruppe der „Kirchenspatzen“ entstanden. Ganz nach dem Vorbild, das bereits unter Pfarrer Reinhold Schleider und Sylvia (vorm. Kratky) in den 1970er- und 1980er-Jahren erfolgreich bestanden hatte. Singen und geselliges Zusammensein bei Saft und Kuchen sollte das Konzept sein. Die erste derartig gestaltete Singstunde fand am 14. Mai 2013 im Pfarrhof statt. Die Idee wurde vom Pfarrgemeinderat mitgetragen und so konnten die Kinder im Rahmen der Familienmessen verschiedene Auftritte absolvieren. Bis zum Coronajahr 2020 wurden so 30 Familienmessen gefeiert. Musikalisch wurden die Kirchenspatzen im Laufe der Zeit von Pfarrmoderator Florin Farcas (Keyboard), Kerstin Bernhart (Gitarre), Gabriele Klinger (Gitarre) und Fritz Amelin (Keyboard) begleitet. Bis zu 30 Kinder haben bei den „Kirchenspatzen“ mitgesungen, ab 2018 hat zudem Irene Prouza das Leitungsteam verstärkt.

 

In Mannersdorf bestanden im Laufe der letzten Jahrzehnte noch weitere Chöre, wie etwa der Lehrerchor, der 1979 mit Lehrer:innen aus dem Bezirk gegründet wurde und u.a. bei der Museumseröffnung und bei der Stadterhebungsfeier auftrat. Die Formation „4 Voices“ hatte ihr erstes Konzert 2002 im Veranstaltungssaal des Schlosses. Die Mitglieder Fritz Amelin (Leitung), Christina Gutdeutsch (Sopran), Carmen Martschitz (Alt) und Renate Leidenfrost (Tenor) blieb einige Jahre aktiv. 

Foto 1: Männergesangsverein Mannersdorf, um 1900 (Archiv Karl Trenker)

Foto 2: Gesangsverein in der Zwischenkriegszeit (Archiv Familie Gottschy)

Foto 3: Kirchenchor mit Dr. Karl Gottschy (Archiv Hans Amelin)

Foto 4: Männerchor bei einem Auftritt im Park (Archiv Hans Amelin)

Foto 5: Mannersdorfer Lehrerchor, 1981 (Archiv Hans Amelin)

Foto 6: Kirchenchor St. Martin zum 20-Jahr-Jubiläum, 2004 (Archiv Hans Amelin)